Trotz lächerlich viel Regen und einer fast schon peinlichen Performance der Sonne waren unsere Pfingst-Exkursionen in der näheren Umgebung dieses Jahr doch weitaus artenreicher als erhofft. Die Pflanzen stehen zwar (überdurchschnittlich?) gut im Saft, aber je nach Region hinkt doch fast alles noch 2-3 Wochen hinterher.
Wie wohl (ziemlich) alle Insekten sind auch die meisten Tagfalter in nur sehr geringer Individuendichte vertreten, eine Tatsache, die in den letzten Jahren immer deutlicher, aber dennoch nahezu flächendeckend ignoriert wird.
<Gemaule>
Wenn „Naturverbundenheit“ und „Naturschutz“ im Ganzen weiterhin in erster Linie als bequeme Friede-Freude-Eierkuchen Labels für den Eigenbedarf gehandelt werden, um in einem guten Licht dazustehen, ohne tatsächlich effektiv zu agieren, wird wohl auch dem kurzsichtigsten Baumknuddler (betrifft politisch jede „große“ Partei) sehr schnell klar werden, dass das nicht nur Null bringt, sondern sogar kontraproduktiv ist, da die Sensibilität für die eigentliche Thematik in der Gesellschaft völlig ausgehöhlt wird und Aktionismus und Populismus mittelfristig als Boomerang zurückkommen.
Gerade am Insektenbestand kann man sehr früh gut erkennen, wie intakt ein Lebensraum noch ist. Viele Tiere und Pflanzen sind stark auf ihre (häufig sehr kleine und komplett isolierte) Umgebung spezialisiert. Nimmt also eine Art ab oder stirbt ganz aus, löst das direkt oder indirekt eine Kettenreaktion aus. Mit etwas offenen Augen für die eigene Umgebung bemerkt man leider recht schnell, dass nicht nur das Aussterben von Inselpopulationen stark gefährdeter Arten, sondern auch von (bisher) noch weiter verbreiteten Arten rapide zunimmt.
Sollte also auch nur das eigene Überleben der einzige Grund sein, sollte es als fundamentales Kernthema angesehen werden, alles daranzusetzen gezielt und mit Verstand (falsche Pflegemaßnahmen idealerweise direkt im Vorfeld vermeiden) das Überleben und natürliche Ausbreiten von Insekten zu fördern, allein da sie als sicherer Indikator für den Zustand der Umwelt fungieren.
</Gemaule>
Der kühle Frühling hat z.B. zu dem offensichtlichen starken Rückgang von S. orion (Fetthennenbläuling) in der Region sicher nicht gerade positiv beigetragen, die Art hat aber bereits schon in den letzten Jahren starke Bestandseinbußen hinnehmen müssen:
Die Population bei Hammelburg hat z.B. schon vor drei Jahren damit angefangen einige Bereiche ihres Habitats nicht weiter zu besiedeln und hat 2021 offenbar noch weitere der restlichen Bereiche aufgegeben (siehe lepiforum thread). Die insgesamt beobachtete Falteranzahl lag gerade mal bei max. 10 Faltern, Eier fanden wir höchstens 30 (vor wenigen Jahren noch ein Vielfaches)!
Im ehemals großen Habitat von S. orion bei Retzbach wurde in diesem Jahr (bisher) trotz wiederholter Nachsuche von mehreren Parteien kein einziger Falter und kein einziges Ei nachgewiesen (schriftliche Mitteilung von Bekannten).
Im Folgenden ein paar Impressionen vom Pfingstwochenende, die hoffentlich dazu ermutigen, vor der Haustür auf Entdeckungssafari zu gehen (unbearbeitete Freilandfotos ohne Stativ, nur zugeschnitten und herunterskaliert :)).
Hallo,
dem Gemaule schließe ich mich an. Wir konnten die Tage zwar noch alle Arten finden, die dieses Jahr bereits zu finden sind. Aber es war suchen, suchen, suchen. Das Wetter hat es sicher auch nicht leichter gemacht. Aber selbst die Suche nach dem Kleinen Kohlweißling gleicht inzwischen einer Expedition. Als ich gestern vor einer sehr großen üppig blühenden Wiese im NSG Ständelberg stand, flog ein P.icarus und ein C. alfcariensis – es war sonnig aber traurig.
Das Artensterben ist leider bereits weit über die Belastungsschwelle der Erde getreten und gefährdet die Funktion der Ökosysteme (so wie Phosphor und Stickstoffmenge in Land, Wasser, Luft schon die finale Schwelle überschritten haben – wo das wohl herkommt?). Es ist nicht schön (ich drücke mich srakastisch gewählt aus), das Artensterben life mitzuerleben.
Schaut mal dazu unter https://www.fuereinebesserewelt.info/wp-content/uploads/2020/05/planetare_belastungsgrenzen_2015.jpg bzw. Original unter https://science.sciencemag.org/content/sci/early/2015/01/14/science.1259855.full.pdf
So war der Stand der Dinge 2015.
Bis demnächst mal wieder.
Cheers
Hey Robert,
Danke Dir/Euch für die „Rückendeckung“ und die zusätzlichen Infos!
Cheers,
Marcel
Hier im Kreis Offenbach/M war es in diesem Jahr ein ganz gutes Schmetterlingsjahr.
Kleiner Schillerfalter , Grosser Fuchs, Kaisemantel waren häufig.
Kleiner Schillerfalter in 2 Generationen; auch den Weissen Waldportier sah ich mehrfach.
Allerdings : der Dukatenfalter ist seit 3 Jahren nicht mehr aufzufinden.